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Mittwoch, 17. Januar 2024, 18:30

Realitätsmaschine 4

Jahrzehnt ohne Grenzen 
Der Journalist Jens Balzer im Gespräch mit Boris Nikitin über die Neunzigerjahre, Reality-TV und die Revolution der Performance.
Freier Eintritt, ohne Anmeldung


"No no, no no no no, no no no no / No no there's no limit!" Das glaubt man jedenfalls am Beginn der Neunzigerjahre. Die Berliner Mauer fällt, die Welt rückt zusammen, die ersten Knoten des World Wide Web werden geknüpft, Neonfarben beherrschen das Bild, Piercings und Tätowierungen erobern den Mainstream, das Arschgeweih gerät zum stilistischen Symbol der Dekade. Aber unter der heiteren Oberfläche brechen alte Konflikte auf. In manchen Regionen entsteht eine rechte Jugendkultur bislang ungekannten Ausmaßes. Im ehemaligen Jugoslawien wird zum ersten Mal seit 1945 wieder ein Krieg in Europa geführt, der Islamismus steigt zur globalen Bedrohung auf. 

In seinem Buch neuen No Limit (2023) erzählt Jens Balzer von den Neunzigerjahren, einem Jahrzehnt, in dem man an die Zukunft glaubte und ans "anything goes" – und in dem zugleich ein neues Zeitalter der Grenzen, der Identitäten und der Kämpfe zwischen ihnen beginnt.

Konnte es gar nicht anders kommen, dass diese Dekade an ihrem Ende eine Show hervorbrachte, in der Privates und Öffentliches komplett durcheinander gemischt wurden und die das tägliche Leben in eine Frage der Performance verwandelte?

Jens Balzer ist Autor, Essayist und Journalist ua. für Die Zeit, Deutschlandfunk, Rolling Stone. Seine jüngsten Bücher sind Pop und Populismus. Über Verantwortung in der Musik (2019), Das entfesselte Jahrzehnt. Sound und Geist der 70er (2019), High Energy. Die Achtziger – Das pulsierende Jahrzehnt (2021), Ethik der Appropriation (2022) und No Limit. Die Neunziger – das Jahrzehnt der Freiheit (2023).


Foto: © Roland Owsnitzki


6. Dezember 2023 - 21. Januar 2024

The Last Reality Show. Boris Nikitin

«Big Brother» war die erste Reality-Show, die gleichzeitig im Fernsehen und im Internet zu sehen war. Der Container war demokratische Utopie, Dystopie und populäre Konzeptkunst in einem: ein Selbst-Überwachungsapparat, ein sich permanent selbst aktualisierendes Ready-made, eine paradoxe Authenizitätsmaschine. Der Basler Künstler und Theaterregisseur Boris Nikitin hat für das zwanzigste Jubiläum der ersten Staffel eine nahezu exakte Replika dieses Ur-Containers nachgebaut. Der Container ist leer, seine Bewohner haben ihn längst verlassen. Als historisches Artefakt steht er wie eine einsame Reliquie im Raum.


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